Passion Christi - Rache des Teufels?

In seinem Film “Die Passion Christi” lässt Mel Gibson während des Leidenswegs Jesu an einigen Stellen die Gestalt des Teufels einblenden. (Sie wird zwar von einer Frau dargestellt, soll aber wohl die Geschlechtslosigkeit des Teufels unterstreichen.) Dieser scheint deutlich Freude an den Christus durch die menschlichen Peiniger zugefügten seelischen wie körperlichen Schmerzen zu empfinden. Seltsamerweise lässt sich aber der Teufel an den entsprechenden Stellen der Evangelien nicht finden. Hat somit Mel Gibson diese Gestalt des Teufels erfunden? Hat er sich doch sowieso als ein katholischer Traditionalist geoutet - übertreiben es diese Leute nicht von vorne herein mit dem Teufel und schieben vieles gern auf die “Mächte der Unterwelt” und den “Fürsten der Finsternis”, auch wenn diese Formulierungen selbst und als solche dem Mund des historischen Jesus entstammen?
Nun, was Mel Gibson macht, ist, dass er das Leiden Jesu in einen anderen, größeren, höheren Zusammenhang stellt, als wir dies gewöhnlich tun. Schon im Paradies, so berichtet die Bibel, machte sich der Teufel in der Gestalt der Schlange an das erste Menschenpaar heran. Er versuchte mit List und Schlauheit, den Menschen zu verführen und ihm seine Ebenbildlichkeit Gottes zu rauben. Wie wir wissen, ist der Mensch dieser Versuchung erlegen und wurde logischerweise aus dem Paradies vertrieben.
So trat hier im Buch Genesis der Teufel das erste Mal als jemand in Erscheinung, der dem höchsten Herrn nicht dienen will, der Ihm wegen Seiner moralischen Oberhoheit feindlich gesonnen ist, der darauf aus ist, dem heiligen Gott zu trotzen und nach dem Prinzip der Rache Schaden zuzufügen. So war er sich auch nicht zu schade dafür, dies durch den Menschen zu tun. Dieser hält sich zwar gern für klug und erfahren, in Wirklichkeit aber ist er moralisch schwach, ja gebrechlich - ein willkommenes Opfer für den Teufel! Da lässt sich dieser nicht zweimal darum bitten, eine solche günstige Gelegenheit zu nutzen, Gott “eins auszuwischen”.
Aber dann geschieht etwas Unvorhergesehenes für den Teufel. Gott wird Mensch und kommt somit Seinem gefallenen Geschöpf entgegen, um es aus dessen Elend zu befreien und den Weg zurück ins Paradies, das himmlische Vaterhaus, zu ebnen. Der ganze Himmel stimmt ob dieser ungeahnten Vergebungsbereitschaft Gottes in einen gewaltigen und erhabenen Jubelchor ein: “Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden den Menschen, die guten Willens sind!”
Klar, dass sich der Teufel als der erklärte Widersacher Gottes mit dieser Situation nicht anfreunden kann. So sät er zunächst Hass und Missgunst z.B. in das Herz eines Herodes, der den neugeborenen Heiland mit brutaler Gewalt aus dem Weg schaffen will. Als dieses grässliche Attentat auf das Leben Gottes scheiterte, macht er sich mit List und Raffinesse an Jesus selbst heran, um Ihn auf seine Seite zu ziehen und für seine perversen, gotteslästerlichen Zwecke zu gewinnen. Offensichtlich erkennt er, dass sich Jesus nun anschickt, Seine Mission als Heiland der Welt und Erlöser aller Menschen zu beginnen.
Jesus durchschaut die hinterlistigen Absichten Seines ärgsten Feindes und widersteht dessen drei Versuchungen in der Wüste. Dadurch fügt Er ihm sogar eine neue, erneute Niederlage zu, welcher sich der Teufel sicherlich grämte. Kochte da der Teufel nicht regelrecht über vor lauter Wut über Jesus, der ihn entlarvte, und vor Enttäuschung über seinen bisher ausbleibenden Erfolg im Hinblick auf die Entthronung Gottes?
Nun mobilisiert er seine ganze perverse Kraft und durchtriebene Macht und bringt sogar die gegen Jesus auf, die auf Ihn hätten eigentlich warten bzw. Ihn als Erlöser willkommen heißen sollen. Das pure Machtstreben und die krankhafte Geltungssucht schwächt das Gewissen der Schriftgelehrten und der Hohenpriester jenes Volkes, welches ehedem das auserwählte war, und macht sie somit ebenfalls zu willfährigen Werkzeugen des Teufels. In Verachtung ihrer eigenen Väter und Propheten lehnen sie den ihnen verheißenen König und Messias ab und wiegeln in ihrer Wut sogar das Volk gegen Ihn auf: “ans Kreuz mit Ihm, ans Kreuz mit Ihm”.
Seien wir froh, dass wir nicht das ganze Ausmaß des Hasses und der Ablehnung sehen und realisieren können, welche Jesus damals durch die Anwesenden, ob nun Juden, Römer, Griechen oder sonst jemand, wie eine freche Ohrfeige oder wie ein harter Peitschenhieb entgegen geschleudert wurden - wir würden sie nicht ertragen können. Der Abgrund der menschlichen Schlechtigkeit und diabolischen Perversität ist viel tiefer als unser Auge uns dafür einen Blick gestattet. Ihn, Jesus Christus, traf aber das ganze Ausmaß des Kreuzes. Er musste alles ohne irgendeine Einschränkung oder Dispens ausbaden. Er hat den Kelch der Leiden eben bis zur vollen und kompletten Neige getrunken!
Es herrscht die Willkür der Bosheit. Von einem Apostel verraten, von den eigenen Aposteln im Stich gelassen, der Gotteslästerung angeklagt, als ein (vermeintlicher) Verbrecher zum Tod verurteilt, mit der Peitsche grausam gegeißelt, die spitze Dornenkrone aufs Haupt aufgesetzt und das schwere Kreuz der Sündenlast der ganzen Menschheit auf die Schultern geladen bekommen - hinter allen diesen und anderen Stationen des schmerzhaften Leidensweges, der furchtbaren Kreuzigung und des bitteren Sterbens Jesu steckt der Teufel als Sein erklärter Widersacher. Er konnte Jesus geistig-moralisch nicht unter seine diabolische Kontrolle bringen - nun möchte er Ihn vor den Menschen als Übeltäter dastehen sehen, nun möchte er Ihn physisch vernichten.
Somit hat Mel Gibson theologisch vollkommen recht, wenn er den Teufel als den Drahtzieher hinter dem Schmerzensweg Jesu erblickt und darstellen lässt. Es war ein furchtbarer Akt nachtragender diabolischer Rache des Teufels an Jesus für die geistige Niederlage. Für die unverdaute Schmach nämlich, die ihm von Ihm, dem Eingeborenen Sohn Gottes durch Seine unerschütterliche Treue an Seinem himmlischen Vater zugefügt worden ist.
Ob der Teufel wusste, dass der Tod Jesu letztendlich seine eigene geistige Entmachtung und moralische Vernichtung bedeuten würde (wie übrigens in Mel Gibsons Film “Die Passion Christi” zutreffend dargestellt)? Der Hass will vernichten und beschäftigt sich nicht unbedingt zuerst mit der Logik oder denkt vorrangig an morgen. Jedenfalls war es der Teufel, der die Herzen der Menschen mit seiner Bosheit infizierte und ihren Verstand mit der geistigen Blindheit der Sünde und Gottesferne in Beschlag nahm. Er war es, der die Menschen zwar für sich die Drecksarbeit machen ließ, sie aber dann wieder und weiter in ihr noch größeres Verderben stürzte.
Denk daran, du christliche Seele, welch’ ein erhabener Erlöser für dich Sein Leben hingegeben und Sein kostbares Blut vergossen hat! Betrachte, wie Er den ganzen Fluch der Unterwelt von dir abgelenkt und auf sich vereint hat, um ihn dann für dich niederzuringen! Vergiss nie, welchen hohen Preis Er bereit war zu zahlen, um dich den Klauen des Teufels zu entreißen! Bedenke, welche gewaltige Tragödie sich hier abgespielt hat, um deine geistigen Fesseln zu sprengen! Verinnerliche, dass du der Gewalt der Finsternis entrissen und in Sein Reich, das Reich des geliebten Sohnes des Vaters, hineinversetzt werden sollst! So lässt ja die katholische Kirche Christus uns am Karfreitag ansprechen: “Was hätte Ich dir noch mehr tun sollen, und habe es nicht getan?”
Wir aber wollen vor lauter echt empfundener Dankbarkeit vor Ihm auf die Knie fallen. Beten wir den Herrn Jesus ebenfalls an und preisen Ihn, “denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst”! Und lassen wir uns nie ebenfalls zu willigen Werkzeugen des Teufels in seinem Kampf gegen Christus missbrauchen, indem wir, etwa der Versuchung des Teufels nachgebend, sündigen. Rufen wir da mit den Worten der Karfreitagsliturgie ebenfalls voll Inbrunst: “Heiliger Gott, heiliger starker Gott, heiliger unsterblicher Gott, erbarme Dich unser!”
Erneuern wir umso mehr unsere heiligen Taufgelübde! Haben wir Ihm doch damals feierlich versprochen, dem Teufel und allen seinen Werken und seiner ganzen Herrlichkeit zu widersagen. Hat doch jeder katholische Christ auch gelobt, allein an den Dreifaltigen Gott zu glauben und Ihm allein zu dienen! So halten wir an diesem heiligen Glauben unerschütterlich fest und rufen uns immer die Worte in Erinnerung, die der Priester damals zu Beginn der Taufzeremonie zu uns gesprochen hat: “Willst du zum Leben eingehen, so halte die Gebote. Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele und mit allen deinen Kräften, und deinen Nächsten wie dich selbst”!

John Wine

 

 


Zurück Hoch Startseite